Theo Zwanziger (l), früherer DFB-Präsident, und Wolfgang Niersbach, früherer DFB-Präsident, erheben sich im Gerichtssaal des Landgerichts von ihren Plätzen

Sommermärchen-Prozess Steuerfahnder spricht von "Scheingeschäft", Blatter soll aussagen

Stand: 06.05.2024 21:34 Uhr

Steuerfahnder Lutz Frank hat die Angeklagten im Sommermärchen-Prozess auch am zweiten Tag seiner Vernehmung belastet. Frank widersprach am Montag (06.05.2024) vor allem der Hauptargumentation der Beschuldigten, wonach die Zahlung der ominösen 6,7 Millionen Euro in jedem Fall als Betriebsausgabe zu werten sei.

"Steuerlich ist das als Betriebsausgabe in keinster Weise zulässig", sagte Frank im Verfahren um die WM 2006 vor dem Landgericht Frankfurt/Main und bezeichnete die Buchung bei der Befragung durch die Verteidiger als "Scheingeschäft".

In Frankfurt stehen drei frühere Spitzenfunktionäre des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) vor Gericht. Den ehemaligen Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie dem langjährigen Generalsekretär Horst R. Schmidt werden "Hinterziehung bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006 in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB" zur Last gelegt.

Niersbach, Zwanziger und Schmidt, die wie der verstorbene Franz Beckenbauer dem WM-Organisationskomitee angehörten, weisen die Vorwürfe zurück. Die Ermittlungen zu den undurchsichtigen Geldflüssen rund um die WM 2006 ziehen sich bereits mehrere Jahre hin. 

Steuerfahnder: DFB-Millionenzahlung "ohne Rechtsgrund"

In Frankfurt geht es um die 6,7 Millionen Euro, die als Betriebsausgabe für eine Gala deklariert wurden. "Jeder Arbeitsvertrag ist schriftlich fixiert. Aber hierzu gibt es schriftlich nichts, das hat auch nichts mit einer guten Buchhaltung zu tun", sagte Frank und ergänzte: "Die Herren haben ohne Rechtsgrund gezahlt. Das ist unsere Feststellung."

Das Geld wurde 2005 vom Organisationskomitee über den Weltverband FIFA mutmaßlich an den inzwischen verstorbenen früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den früheren FIFA-Funktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen.

Blatter vor digitaler Aussage

In dem Verfahren sollen zwei weitere prominente Zeugen aussagen. Wie die Vorsitzende Richterin des Landgerichts Frankfurt am Montag ankündigte, sollen sich der ehemalige Fifa-Präsident Sepp Blatter und der frühere Fifa-Generalsekretär Urs Linsi demnächst zu dem erhobenen Vorwurf der Steuerhinterziehung äußern.

Nach Angaben von Richterin Eva-Maria Distler werden Blatter und Linsi jedoch nicht persönlich vor Gericht erscheinen, sondern aus der Schweiz digital zugeschaltet. Die Vernehmungen sollen im Juni stattfinden. Auch der frühere DFB-Präsident Fritz Keller und Ex-Nationalspieler Günter Netzer sollen noch aussagen.